Fun, Fun, Fun – das ist das Einzige was Dan and Junior Sunshine interessiert. In den Texten der zwei Afro-Amerikaner dreht es sich ausschließlich um Partys, Strand und leichte Mädchen. Auf ihrem Beitrag zum Sampler geben die beiden Hänger, mit Wohnsitz in St. Lucia, ihren absurden Hang zu Tieren preis. Warum nun ausgerechnet auf einer Platte, die sich mit der bedeutendsten Kunstausstellung der Welt beschäftigt, bleibt wohl ihr Geheimnis. “Wir haben das Lied auf dem Flug Miami – Calden geschrieben!” sagt Junior Sunshine und lacht wie immer. Als Verstärkung haben sich die zwei Frohnaturen den deutsch-türkisch-italienischen Dandy Randy mit ins Boot geholt. Der gebürtige Sizilianer ist kein unbeschriebenes Blatt in der Dancehall-Szene. Er arbeitete bereits mit Größen wie Spliff-Pantha, Bantu Santu, Ganja Massiv und Dr. Boom-Grasstic zusammen. “Wir lieben das!” rufen die drei im Chor. Aber was eigentlich?

…Yeeeha und herzlich willkommen bei der feinsten Radio Show die nun auf Sendung ist.

Wir präsentieren Ihnen die außergewöhnlichsten und erstklassigen Ausnahmekünstler aus Kassel, die Ihren Soundtrack zum Documenta Sommer Kunst Festival darbieten.

Das müssen Sie wissen. Diese hier kommen vom Berg und Ihr zu Hause ist der Habichtswald. Es sind die Hillside Park Beuys, von eben demselben Berg, zusammen mit dem jungen Alex Peterson und sie spielen ein Lied über Ihren Hillside Park, oder Bergpark.

Checkt das aus. Gut, vielen Dank schon einmal für’s zuhören. Genießt einfach die Show…

Von ganz oben kommt Mister OMA. Der Multimilliardär aus dem fernen Orient hatte es bisher immer am besten, sein Appetit richtete sich aber stets nach gut bürgerlicher Hausmannskost. Deswegen zog es ihn aus kulinarischen Gründen Mitte der 90er Jahre nach Nordhessen. Sein ausgeprägter Nahrungssinn hatte ihm diesen Tipp im Schlaf überbracht und ihn in unsere Region gelockt. Seitdem ist OMA bei jedem Schlachtefest dabei und von keinem Fleischbrunch mehr weg zu denken. Musikalisch bewegt er sich seit neuestem auf digitalem Pfad, packt aber gerne öfters in die Trickkiste und bleibt sich dennoch seiner Linie treu. Beats und Bass, so lautet seine Devise. Bisher im dicken Ölgeschäft unterwegs, steuerte er nun zum ersten Mal ein Lied für die Öffentlichkeit bereit. Wenn er die neue Multifunktionshallein Kassel hat bauen lassen, will er sich um seine weitere Solokarriere kümmern. Die Plattenfirma Universal kauft er sich glatt aus der Portokasse.

Damit konnte niemand im Vorfeld rechnen! Erst Auflösung, dann Reunion, und schließlich Neuformierung mit musikalischem Stilbruch. Abnormance ist dabei eine Überraschung gelungen, die auf den ersten Blick für Verwunderung sorgt. Auf den zweiten um so mehr. Die einstige Death Grind Core Metal Band in neuem Gewandt präsentiert sich mit Ihrem Song frischer als jemals zuvor. Das Scherflein Akustik ist das erste Radiotaugliche Stück mit deutschsprachigem Text ihrer Karriere, geht direkt ins Ohr, rockt und klatscht dabei dermaßen, dass in Ihrem Übungsraum der Putz von den Wänden abgefallen sein muss. Das sagen zumindest Ihre Nachbarn. Die Abnormanzen sollen sich nach weiteren Angaben außerdem eigens einen speziellen Abort in ihrem Raum für die Aufnahmen eingerichtet und ihn dabei ordentlich genutzt haben. Bei teilweise vier Sängern gleichzeitig sprengt das natürlich fast jeden Rahmen, Pardon, ähm, jede Schüssel. „Wenn man weiß, wie man Regeln brechen kann, dann kann man auch die Regeln brechen“, sagt Frontmann Hannes. „Das ist wie Brötchen mit Ei und Remoulade, darauf kommt noch eine Portion daumendicker Schokocreme.“

Wir wünschen Guten Appetit dabei und hören uns lieber noch mal die Scheibe

Klaus F. kommt von ganz unten. Der Meister des gesprochenen Elektro-Chansons mit Hang zur Abstraktion fing als kleiner DJ in Ostberlin an und arbeitete sich nach der Wende mit seinen Sets bis an die Spitze der europäischen DJ-Liga. Nach einem Nervenzusammenbruch auf der Loveparade 1998 (legendär: sein brennender Neon-Wagen und eine öffentliche Selbst-Kastration) stand für ihn fest: “Ich werde in meinem Leben keine Drogen mehr anrühren!” Seitdem versucht sich der 53jährige Veganer im Texten und Komponieren. “Zu Intellektuell!” teilt ihm das Label “Grand Hotel van Cleef” mit, “So gar nicht mein Ding” – so das vernichtende Urteil von MTV-Aushängeschild Markus Kavka. Klaus F. aber kümmern diese Meinungen wenig. So veröffentlicht der schwer depressive Ex-Alkoholiker im Jahre 2004 seine erste Platte “Ich bin Allein” in Eigenregie und hat überaschenden Erfolg. Die Platte schlägt ein wie eine Bombe und Klaus F. ist in den Festivalsommern 2004 bis 2006 von den großen Bühnen nicht mehr wegzudenken. Momentan arbeitet K.F. an seinem zweiten Album. Wie heißt es so schön: Wer zuletzt lacht, lacht am Besten. Schade, dass Klaus F. nicht mehr lachen kann. Der Titel “Sie” wird nicht auf seinem kommenden Album vertreten sein und ist somit absolut exklusiv.

Klasse ist eine klasse Band. Klasse hatten bei ihrer Gründung die klasse Idee, sich Klasse zu nennen, damit sie sich auf Konzerten ohne zu lügen mit “Wir sind klasse” vorstellen können. Das fanden alle klasse und so war es beschlossene Sache. In den frühen 90ern noch mit wütenden Riffs in der Indierock-Szene unterwegs, bedienen Klasse mittlerweile ein musikalisches Feld, das am ehesten mit den Begriffen Easy Listening, Folk, Classic Rock und Akkustik-Trash abzustecken ist. Ihr leichter, sommerlicher Sound ist schön verspielt und einfach sympathisch. Der Titel “Doc-Doc-Doc-Doc – Aa-Aa-Aa-Aa” ist eine verspielte, zärtliche Liebeserklärung an Kassel und seine Ausstellung und der perfekte Soundtrack für den Sommer 2007.

Auch kritischen Stimmen muss man Raum geben. Deshalb hat es der in Deutschland äußerst kontrovers diskutierte Rapper Abstand MC auf das geschafft. Abstand macht keinen Hehl daraus in seinem Leben keine Bildungsanstalt besucht zu haben. Drogen, Diebstahl, Körperverletzung stehen für den 28 jährigen Rapper und gebürtigem Kasseler seit seiner Kindheit an der Tagesordnung. “Wenn mich das Leben fickt, fick ich halt zurück!” so die Message des Gangster-Rappers. Kompromisse geht Abstand MC niemals ein. An medialen Resozialisierungsmaßnahmen, wie sie im Augenblick Sido und Bushido durchleben, ist er nicht interessiert. Seine Kunstverdrossenheit lässt sich nicht erklären, deshalb lassen wir den stets vermummten Rüpel selber zu Wort kommen: ”Ich bin und bleibe Ghetto! Die Industrie wird mich niemals in den Arsch ficken! Kassel hat mit Kunst nichts zu tun und das soll auch so bleiben. Wenn ich in die Nähe von diesem Scheiß-Gewächshaus komme, mach ich’s kaputt! Kassel-Nord Alta! Ich bin und war schon immer draußen! Word!” So sieht’s aus.

Forstfeld69 sind nicht vom Feld, wie der Name vielleicht vermuten lässt und sie sind auch sonst nicht sehr mit dem Ländlichen verbunden. Die Natur bevorzugen sie hauptsächlich bei ihren Wochenendausflügen mit diversen Bikerfreunden. Rockerkutten, enge Jeans, wilde Haarmähnen, lange Bärte und natürlich die Vorliebe für Motorräder aller Art sind die Markenzeichen dieser 60er Jahre Retrorock Kapelle, die sich es sich nehmen lassen wollten, ihren alten Hit „Zwei über Zehn“ noch einmal neu zu überarbeiten. Seit mehreren Jahrzehnten spielen die dennoch standhaften Naturburschen schon zusammen, um mit ihrer Musik dem alltäglichen Berufs- und Familienwahnsinn zu entfliehen. Raue Stimmen, tiefe Bässe, endlose Gitarrensoli folgen auf wunderschöne Orgelklänge, getrieben von einem Beat, der an die alten Zeiten erinnert als Easy Rider gerade in die Kinos kam und die Welt tatsächlich noch ohne Internet und Mobiltelefone ausgekommen ist. Gelegentlich trifft man sie heutzutage zu später Stunde am Rande der City in verrauchten Spelunken bei einem Männergedeck und lautstarkem Gegröle. Sagenhaft...

Konstrukt C orientieren sich an der Attitüde der frühen deutschen Punkbewegung. Bands wie KFC, S.Y.P.H., Fehlfarben und DAF stellen für das Quartett die Krönung der deutschen Musikschöpfung dar. "Danach war Alles scheiße." sagt Uli Krass, Shouter der Combo aus Kassel/Harleshausen. Musikalisch geht es bei den Herrschaften vielleicht nicht ganz so minimalistisch und wesentlich aggressiver zu, dennoch werden tatsächlich einige Parallelen zu oben genannten Bands erkennbar. Denn was diese Band bei ihren Liveshows vom Stapel läßt, geht buchstäblich unter die Gürtellinie. Während die Bloodhoundgang sich mit harmlosen Urinspielchen die Zeit auf der Bühne vertreibt, kann bei KC schonmal Kot fliegen, bis die Halle leer ist. "Das ist keine Show, wir machen uns und den Anderen nichts vor. Wenn etwas raus muß, muß es raus. Ich meine jetzt nicht nur den Drang auf Toilette zu gehen. Ich sehe das auch als eine Art sich auszudrücken. Als eine Art, der Welt zu zeigen, was man von ihr hält." so Kalle Fick, seines Zeichens Trommler. Kalle Fick soll übrigens einem linksextremen Zweig angehören, der jüngst in Rostock den Asphalt beben ließ. Ihr Song "Statement" wäre normalerweise gar nicht auf diesem Sampler zu hören, da die Band Kunst und erst recht die Documenta als kommerziellen Betrug empfindet. Das Management der Band jedoch erzwang ein OK. Mit welchen Mitteln das gelang wird wohl ein Geheimnis bleiben.

Um eins gleich klarzustellen: Walter Feetz (mit bürgerlichem Namen Hans-Christian Walter) ist der Neffe von Wolfgang Petry. Demnach war der natürlich hocherfreut zu sehen, dass es jemanden gab, der weiterhin die Schlagerpop-Fahne hoch zu halten gewillt ist. Feetz verneigt sich vor der Lebensleistung seines Oheims und will ihn unter gar keinen Umständen enttäuschen: “Schon damals war Wolle mein Superstar. Während meine Klassenkameraden Roxette und Heavy Metal hörten, gehörte mein Herz ausschließlich dem Schlager.” Auch wenn Feetz des Öfteren mit blau geprügelten Augen aus der Schule kam, mit den Mädels hatte er nie Probleme. Diese Leidenschaft setzt sich bis heute fort. Mit seinen gerade mal 25 Jahren, ist Feetz bereits viermal geschieden. Seine Skandalehe mit Nadja Abdel Farrag ist jedoch immer noch aktuell. “Den Titel ‘Walter macht blau’ habe ich geschrieben, als ich emotional so richtig gut drauf war! Von der Documenta habe ich dieses Jahr zum ersten Mal gehört, aber ich hab’ mir sagen lassen, dass es dort ordentlich kracht! Dieses Fest ist einfach ein geiler Rahmen für eine Gute Laune Nummer!” Recht hat er.

Rätselhaftigkeit entsteht bei der Künstlergruppierung um Arty Atmospheres. Es ist die wohl exzentrischste Gruppe des ganzen Soundtracks. Interviewtermine und weiteres Informationsmaterial über die Band sind Rar und äußert begehrt. Bisher ist es nämlich nur wenigen Leuten gelungen einen Kontakt zu Arty und seinen Anhängern aufzubauen. Einige gelten heute noch als vermisst. Bekannt ist bisher, dass Arty Atmospheres eher zurückgezogen leben und sich bisweilen sehr Naturverbunden verhalten. Auf dem relativ großen Anwesen im äußeren Umland gibt es strikte Regeln bezüglich der Kleidung, nur eigenhändig angefertigte Klamotten dürfen getragen werden, ansonsten ist die Truppe äußerst freizügig und auffallend ruhig. Besucher sind allerdings nicht gestattet. Ihre Musik entführt den Zuhörer in eine ferne Klangwelt voller Geräuschspektakel, wirkt meist nachdenklich, ist jedoch voller Energie und versprüht einen siebziger Jahre Flair, der keinen mehr auf den Stühlen hält. Wer Informationen oder Hinweise über Arty und seine bizarre Gefolgschaft hat, der möge bitte dieses Mysterium lösen.

Das Orangerie Palace Percussion Orchestra, kurz OPPO existiert nunmehr bereits seit 20 Jahren und besteht genaugenommen aus nur einer Person: Dem slowakischen Allroundtalent Stanislaw Gekas. Wird Gekas live von den Besten der besten internationalen Spitzenmusikern (Mark Knopfler – Gitarre; Roy Estrada – Bass; Chick Corea – Fender Rhodes; Stewart Copeland – Schlagzeug) unterstützt, so bedient er auf seinen Platten alle Instrumente alleine. “Muss alles kontrolliere selber” gibt der stets bestens gelaunte Slawe preis. Seit 1995 hat Gekas ein weiteres Steckenpferd: Die Kunst. Sowohl die Malerei (“Mann mit fettigen Haaren auf Schlitten”, 1998, Öl auf Leinwand) als auch die experimentelle Fotografie (“365 Selbstportraits Untenrum”, 2000-2001) haben es ihm angetan. Auf der Documenta11 im Jahre 2002 zeigte er seine Arbeiten auf ausdrücklichen Wunsch Okwui Enwezors und erntete auch auf diesem Gebiet Respekt und Anerkennung aus allen Lagern. Gerade deshalb war es für Stanislaw Gekas keine Frage, dem Soundtrack einen Titel beizusteuern.

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